Auf dem Mac ist es als Entwickler keine große Schwierigkeit Anwendungen jeglicher Größe zu designen. Je nachdem, ob man mehr oder weniger Platz benötigt, setzt man die Fenstergröße. Anschließend kann der Anwender entscheiden wie er das Fenster positionieren und die Anwendung verwenden möchte. Man muss als Entwickler lediglich darauf achten, dass die Mindestgröße eines Fensters die kleinste verfügbare Auflösung einigermaßen aktueller Geräte nicht überschreitet. Auf dem iPhone und iPod touch hat man eine feste Auflösung von 320x480 bzw 480x320 Pixeln und ist somit relativ eingeschränkt. Man kann nur Anwendungen in dieser Größe entwickeln und bei so wenig Pixeln würde ein Fenstermanagement, wie man es von Desktopbetriebssystemen kennt, keinen Sinn ergeben. Hier stellt sich für den Entwickler zwar das Problem, wie man Informationen überhaupt auf so einen kleinen Bildschirm packen kann, ohne ihn zu überfrachten. Man muss sich allerdings nie die Frage stellen, wie man den gesamten Bildschirm sinnvoll ausnutzt.
Hiermit sind wir beim iPad-Dillema gelandet.
Während „normale“ Anwendungen, wie ein Texteditor, die Fotoverwaltung, ein Web-Browser oder eine Todo-Anwendung ohne Probleme den gesamten Bildschirm ausnutzen können und in manchen Fällen sogar mehr als die iPad’schen 1024x768 Pixel bräuchten, sieht die Situation bei Twitter-Clients, Instant-Messenger und Utility-Anwendungen in bestimmten Kategorien ganz anders aus. Bei einer Wetter-App kann man sich noch ganz gut vorstellen zusätzlich zu den bereits vorhandenen Informationen der iPhone App / des Dashboard Widgets eine Karte mit einem aktuellen Overlay, wie wir es vom täglichen Wetterbericht kennen, einzublenden um somit den gesamten Platz zu nutzen. Auch kann man bei der Aktien-App eine hochauflösende und interaktive Version der Charts integrieren und somit ein besseres Benutzerlebnis schaffen. Was macht man aber mit einem Instant Messenger? Wie gestaltet man einen Twitter-Client sinnvoll und nutzt gleichzeitig den gesamten Platz? Die erste naive Lösung, die einem in den Kopf kommt, ist sicherlich die Unterstützung mehrere Spalten, wie man es schon von Desktop-Counterparts wie Tweetdeck kennt. In meinen Augen sind mehrere Spalten alles andere als übersichtlich und überfrachten das Interface unnötig. Wenn ich mehrere Twitter-Streams gleichzeitig lesen möchte, habe ich ganz andere Probleme (wohlgemerkt sind solche Ansichten gut, um zum Beispiel Kommentare zu einer Keynote zu verfolgen, was aber ein Ausnahmefall ist und vielleicht 1-2 pro Jahr vorkommt). Das gleiche gilt für einen Instant Messenger. Man kommt sehr leicht durcheinander mit wem man eigentlich kommuniziert und Verwechslungen und blöde Ausreden werden zum Alltag. Eine Tableiste, wie sie zum Beispiel von Adium umgesetzt ist, reicht in einem solchen Fall aus. Man muss auch berücksichtigen, dass Nicht-Nerds meistens kein Interesse daran haben sich mit mehreren Personen gleichzeitig über irgend ein technisches Gerät zu unterhalten. Bei einer Twitter-Anwendung wäre es also denkbar links die Timeline anzuzeigen und rechts einen großen Browser anzubieten, um Webseiten schöner betrachten zu können. Was macht man jedoch, wenn man sich gerade auf die Timeline konzentrieren will? Blendet man auf der rechten Seite ein Aquarium oder eine der zahlreichen Bildschirmschonerversionen einer Uhr ein? Der Platz bleibt effektiv unbenutzt und es ist schwer ihn in der Gesamtheit auszunutzen. Während man auf dem Desktop als Anwender selbst Schuld ist, wenn man seinen Twitter-Client auf stolze 2560x1600 vergrößert, müssen Entwickler auf dem iPad durch die festgegebene Größe eine ansprechende, intuitive und funktionierende Lösung finden.
Vielleicht sind die zahlreichen angesprochenen Dashboard-Widgets auf dem iPad eine Lösung. Wobei die aktuelle Version unter Mac OS X nur Webtechnologien unterstützt und somit die Portierung vieler bereits auf dem iPhone und iPod touch vorhandenen Apps schwer und für Entwickler uninteressant machen würde. Wenn Apple etwas vorstellt, was erst kurz vor Release des iPad der Öffentlichkeit bekannt sein soll, dann stecken Entwickler von Utility-Apps in der Schwierigkeit, dass sie sehr schnell reagieren müssen, um Anwendungen an die bis dato unbekannte Technologie anzupassen.
Ohne Frage wird es beim Start des iPad zig verschiedene Twitter- und IM-Clients geben und ich lasse mich von der Realisierung und Ausnutzung aller Pixel gerne positiv überraschen.