Macs in Media

App.net, oder des Geeks neustes Spielzeug

So gut wie jeden Tag schaue ich bei den bekannten Quellen im Netz was es Neues gibt. iPhone 5, acha, iPad mini, hmmm, eine neue App, OK. App.net ist mehr oder minder auch in diese Kategorie einzugliedern, jedoch ist das Geschäftsmodell nichts Neues. Es trifft den Nerv der Zeit und die Macher sehen eine Opportunität um Geld zu machen; Geeks entdecken auf einmal das Böse in Twitter; Dritthersteller entfachen dieses Feuer und lassen es lichterloh lodern, weil sie selber Angst haben kein Geld mehr mit ihren Twitter-Clients zu verdienen. Andere sehen ein neues Geschäftsmodell, da die Plattform selber eher die besserverdienende Klientel anspricht und man dadurch automatisch mehr Geld für Clients verlangen kann. Normale Anwender verstehen das nicht. Viele verstehen noch nicht einmal Twitter und wozu sie es zusätzlich zu Facebook brauchen sollten. Die meisten wissen nicht einmal worum es überhaupt geht.

In den letzten Monaten und Jahren versuche ich zur Besinnung zu kommen. Ich spreche mit Menschen, die wenig mit Technologie zu tun haben. Ich stelle ihnen Fragen, die mein Verständnis verbessern und mich dadurch bessere Software machen lassen. Wir vergessen nur allzu gerne wie tief wir in der Materie stecken, dass es unser Hobby oder sogar Beruf ist. Dabei lassen wir die meisten Menschen in der Umgebung außen vor und versperren ihnen gewissermaßen—wenn auch passiv—den Zugang zur Technologie. Das ist grundlegend falsch, genau so wie einem behinderten Menschen den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu erschweren. Es reicht nicht aus, dass immer noch für einen ausreichend großen Teil der Bevölkerung Technologie gleichzusetzen mit Magie ist oder einer grundlegenden Angst vor dem Unbekannten verbunden ist. Durch unseren ständigen Durst nach Neuem verunsichern wir diese Menschen unnötig, geben einen Grund mehr sich von dieser viel zu schnell bewegenden Welle überrollt zu fühlen. Dabei wissen wir eigentlich genau, dass alles auf konzeptioneller Ebene gleich ist. Es sind alles Autos, nur in anderen Farben. Nur leider wissen es andere nicht und bekommen von uns ein falsches Bild vermittelt.

App.net bietet nicht mehr als Twitter. Alle Menschen und Unternehmen, die sich bei diesem Dienst angemeldet haben, sind auch bei Twitter. Statusmeldungen zu verfassen ist nichts, was wir erst seit der Einführung des verspielten blauen Schriftzugs kennen. Schon vor einem Jahrhundert haben wir Telegramme verschickt, um unserer Familie mitzuteilen wie es uns geht und womit wir beschäftigt sind. Für einen Dienst bezahlen, den ich ansonsten kostenlos bekomme? Das kommt nicht in Frage. Ich habe Wichtigeres im Leben zu tun, als vor meinem Mac oder iPad zu hocken. Ich bin aber berufstätig Entwickler und für mich genießt die Zeit vor dem Mac, iPad oder iPhone eine viel höhere Priorität. Und genau dessen sollte man sich bewusst werden. Ich hätte keine Probleme für einen neuen Dienst zu zahlen. Es ist nichts verkehrt daran etwas Neues auszuprobieren. Selbstverständlich steht man gewissermaßen dahinter, wenn man in ihn genügend Zeit und in diesem Fall auch Geld investiert hat. Doch sollte man aufpassen, dass man durch seine Aussagen nicht schnell zum falschen Propheten und kostenlosem Marketing-Tool für den Entwickler wird.

Es gibt übergeordnetere Ziele. Dazu gehört, dass ich den meisten erst einmal erkläre wie sie Facebook und Twitter auf ihrem iOS-Gerät einrichten. Außerdem besteht Erklärungsbedarf, was die blauen und grünen Blasen in Nachrichten bedeuten, und wozu überhaupt zwei verschiedene Farben benutzt werden. Damit ich das glaubwürdig vermitteln kann, muss ich mich persönlich auch auf die entsprechenden Dienste fokussieren. Und ich habe mehr Spaß dabei.